Viele Trader stellen überrascht fest, dass ihre Strategien im Backtest hervorragend abschneiden, während die Ergebnisse im Live-Trading deutlich schlechter ausfallen. Dieses Phänomen ist weit verbreitet und hat mehrere Ursachen, die sowohl technischer als auch psychologischer Natur sind.
In diesem Artikel beleuchten wir die Unterschiede zwischen Backtesting und Live-Trading, erklären die typischen Stolperfallen und geben praktische Tipps, wie du realistischere Testergebnisse erzielen kannst.
Was ist ein Backtest?
Ein Backtest ist eine Simulationsmethode, bei der eine Trading-Strategie auf historische Kursdaten angewendet wird, um ihre Performance zu prüfen. Ziel ist es, zu erkennen, wie die Strategie unter realen Marktbedingungen in der Vergangenheit funktioniert hätte.
Backtests bieten mehrere Vorteile:
Schnelle Überprüfung von Ideen
Analyse von Risiko-Rendite-Verhältnissen
Optimierung von Parametern
Erste Einschätzung der Strategiequalität
Allerdings sind Backtests immer eine theoretische Darstellung der Realität und berücksichtigen nicht alle Faktoren des Live-Tradings.
Typische Gründe, warum Backtests besser aussehen
Es gibt mehrere Gründe, warum Backtests oft bessere Ergebnisse liefern:
Keine emotionale Beteiligung
Im Backtest triffst du Entscheidungen ohne Emotionen. In der Realität beeinflussen Angst, Gier oder Ungeduld das Handeln stark. Viele Trader weichen von der Strategie ab, setzen Stops falsch oder schließen Trades zu früh.
Perfekte Ausführung
Backtests gehen oft von idealen Ausführungen aus:
Entry- und Exit-Kurse werden genau erreicht
Keine Slippage oder Verzögerung
Spread bleibt konstant
Im Live-Trading kommt es jedoch zu Schwankungen, Requotes, Slippage und unterschiedlichen Liquiditätsbedingungen.
Überoptimierung (Curve Fitting)
Ein häufiger Fehler ist das Overfitting: Parameter der Strategie werden so angepasst, dass sie historisch perfekt funktionieren. Dieses Ergebnis spiegelt jedoch nicht die zukünftige Realität wider, da sich Märkte ständig ändern.
Historische Daten sind unvollständig
Viele Backtests verwenden „saubere“ historische Daten ohne Lücken, falsche Kursstellungen oder extreme Ereignisse. Im Live-Trading treten jedoch Nachrichten, Volatilitätsspitzen und unerwartete Marktbewegungen auf, die in den Daten nicht enthalten sind.
Psychologische Faktoren fehlen
Live-Trading bringt emotionale Belastung:
Kapitalverlust schmerzt real
Entscheidungen müssen schnell getroffen werden
Druck erhöht die Wahrscheinlichkeit von Fehlern
Backtests simulieren nur die Zahlen, nicht den menschlichen Faktor.
Unterschiede in der Risikowahrnehmung
Trader unterschätzen im Live-Trading oft die Risiken:
Positionsgrößen werden aus Angst oder Gier verändert
Stop-Losses werden manuell verschoben
Gewinne werden zu früh realisiert
Diese Abweichungen führen dazu, dass die Live-Ergebnisse hinter den Backtests zurückbleiben.
Technische Faktoren im Live-Trading
Spread und Kommission: Im Backtest werden sie oft idealisiert, im Live-Trading reduzieren sie den Gewinn.
Slippage: Orders werden zu leicht anderen Preisen ausgeführt, besonders bei volatilen Märkten.
Broker-Beschränkungen: Limitierungen, Requotes oder minimale Ordergrößen beeinflussen die Performance.
Alle diese Faktoren summieren sich und machen Live-Trading deutlich herausfordernder.
Realistischere Backtests erstellen
Um die Lücke zwischen Backtest und Live-Trading zu schließen, kannst du folgende Maßnahmen ergreifen:
Inklusive Slippage und Spread testen: Simuliere reale Handelskosten.
Walk-Forward-Analyse: Teile Daten in Trainings- und Testphasen, um Überoptimierung zu vermeiden.
Monte-Carlo-Simulationen: Teste unterschiedliche Szenarien, um die Strategie robust zu machen.
Demo-Trading: Überprüfe die Strategie in Echtzeit, ohne Kapital zu riskieren.
Diese Schritte helfen, Backtests realistischer zu gestalten und die Diskrepanz zu reduzieren.
Psychologische Vorbereitung auf Live-Trading
Neben technischen Anpassungen ist mentale Vorbereitung entscheidend:
Akzeptiere, dass Verluste zum Trading gehören
Halte dich strikt an deine Strategie
Entwickle Geduld und Disziplin
Lerne aus Live-Erfahrungen und passe deine Strategie kontinuierlich an
Eine solide mentale Einstellung kann die Performance im Live-Trading deutlich verbessern.
Fazit
Backtests sind ein unverzichtbares Werkzeug, um Strategien zu überprüfen und zu optimieren. Sie zeigen jedoch oft bessere Ergebnisse als das Live-Trading, weil Emotionen, Marktbedingungen, Kosten und technische Faktoren nicht vollständig berücksichtigt werden.
Um die Lücke zu schließen, solltest du:
Realistische Kosten und Slippage einrechnen
Überoptimierung vermeiden
Demo- und Walk-Forward-Tests durchführen
Mentale Stärke und Disziplin trainieren
Wer diese Punkte beachtet, kann die Vorteile von Backtests nutzen und gleichzeitig die Realitäten des Live-Tradings meistern – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu konstant erfolgreichem Trading.